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Der Spätkäufer

Vonlegalsupport

Der Spätkäufer

Was ist ein Spätkäufer?

Der Spätkäufer ist eine Spezies, die sich dieser ihrer Eigenschaft meist gar nicht bewusst ist. Entstanden ist der Spätkäufer im ureigensten Interesse der Volkswagen AG zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen. Fast fünf Jahre später wurde diese Klassifizierung durch den Bundesgerichtshof erneut aufgegriffen.

Die Ad-Hoc-Mitteilung

Zur Ad-Hoc-Mitteilung verpflichtet sind börsennotierte Unternehmen, marktrelevante Nachrichten sollen zur Vorbeugung gegen Insiderhandel zeitnah allen Marktteilnehmern bekannt gemacht werden. 2015 markiert eine Ad-Hoc-Mitteilung von Volkswagen den offiziellen Beginn der Dieselkrise.

Die Ad-Hoc-Mitteilung von Volkswagen

Im September kam Volkswagen seinen Informationspflichten zumindest insoweit nach, als dass sie die Existenz von Unregelmäßigkeiten erwähnten. Abschnittsweise liest sich das dann so: “Die beanstandete Software beeinflusst weder Fahrverhalten, Verbrauch noch Emissionen. Somit besteht für Kunden und Händler Klarheit.”

Der Informationsgehalt

Der höchst fragwürdige Informationsgehalt dieser Pflichtmitteilung erschöpft sich darin, dass das Wort “Software” der Wahrheit entspricht. Der Rest ist eine glatte Lüge. Weiter unten im Text heißt es: “Volkswagen duldet keinerlei Gesetzesverstöße.” Es stellt sich, nach kurzer Heiterkeit, die Frage, wie es in der Folge zu zehntausenden von Verurteilungen wegen eben jener “nicht geduldeten Gesetzesverstöße” kam.

Der Bundesgerichtshof zum Thema

Im Sommer 2020 erklärte sich dann erstmals der Bundesgerichtshof zum Dieselskandal. Volkswagen wurde höchstrichterlich “vorsätzlich, sittenwidriges” Verhalten, zu beanstanden laut § 826 BGB, attestiert. Allerdings, in einem überraschenden Anflug von Weltfremdheit, wurde die 5 Jahre alte, berühmte Ad-Hoc-Mitteilung von Volkswagen aus dem Hut gezogen.

Weltfremdheit

Mit dieser Mitteilung, so der Bundesgerichtshof, verfüge der Bürger, der Kunde, der Käufer eines Dieselfahrzeuges von Volkswagen über alle relevanten Informationen zum Vorgang. Weiter kann man nicht daneben liegen, und als Revisionsinstanz wäre es von Vorteil, überhaupt nicht daneben zu liegen.

Salamitaktik und das Ende der Fahnenstange

Bis heute hat Volkswagen keine belastbaren, technischen Informationen an die Gerichte, das Kraftfahrtbundesamt oder die interessierte Öffentlichkeit weitergeleitet. Betriebsgeheimnisse, heißt es, und der betrogene Dieselfahrer soll Beweise zur Sache vorlegen. Und der Bundesgerichtshof segnet dieses Verhalten ab mit dem dürren, weit neben der Realität liegenden Hinweis, der potentielle Käufer eines Diesels habe schließlich Bescheid gewußt.

Die vermeintlichen Konsequenzen

In der Chefetage von Volkswagen ging ein Aufatmen durch die Reihen, sollten doch sämtliche Käufe von manipulierten Fahrzeugen seit dem 01.01.2016 plötzlich völlig legal gewesen sein, mindestens jedoch nicht vor einem deutschen Gericht anfechtbar.

Gegenläufige Gerichtsurteile

Es wurde aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, genauer ohne die Richter ausgewählter deutscher Landgerichte respektive Oberlandesgerichte. Mit erheblichen Zweifeln bezüglich des Inhaltes der Ad-Hoc-Mitteilung von September 2015 wird Volkswagen zu Schadenersatzzahlungen und Fahrzeugrücknahmen verurteilt, deren Kauf in die Zeit ab 2016 datiert.

Landgericht Ingolstadt

Das Landgericht Ingolstadt, nachgerade die Heimatstadt von Audi (überflüssig zu erwähnen, dass Audi, Seat, Skoda, Porsche ebenfalls intensiv ihre Dieselmotoren überarbeitet hatten), verurteilt jüngst den dort ansässigen Automobilhersteller. Urteil vom 12.11.2020, Az. 81 O 571/19. Es wird fein differenziert zwischen dem fortgesetzt sittenwidrigen Verhalten von Audi im Gegensatz zu anderen Marken.

Kein Freischein

Es kann aber angesichts des klar falschen Inhalts der Pflichtmitteilung von Volkswagen vom September 2015 nicht pauschal hingenommen werden, dass nur das von erheblicher Dreistigkeit und Uneinsichtigkeit geprägte Verhalten von Audi zu sanktionieren sei. Der Normalbürger kann sich bis heute kein abschließendes Urteil über den Umfang der Manipulationen seines Fahrzeugs machen.

schutte.legal

Rechtsanwalt Torsten Schutte von der Kanzlei schutte.legal kämpft seit Bekanntwerden des Dieselskandals für die Rechte von betrogenen Dieselfahrern.

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