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Das Auge des Betrachters oder was man wissen muss!

Vonlegalsupport

Das Auge des Betrachters oder was man wissen muss!

Zum wiederholten Mal erfordert ein Urteil eines deutschen Landgerichtes einen Vergleich mit der Wirklichkeit. Ein gebrauchter Golf, im Januar 2016 erworben, stellt sich im Nachgang als vom Dieselskandal betroffen heraus. Rechtsanwalt Torsten Schutte bringt das Fahrzeug Ende 2018 mit einer Klage auf Schadenersatz für seine Mandantin vor das Landgericht in Chemnitz.

Verhandelt im Juni diesen Jahres liegt uns das Urteil seit wenigen Tagen vor. Betrachten wir den entscheidenden Passus doch einmal im Wortlaut:

“Das Gericht hält es für sehr unwahrscheinlich, dass ein Käufer
eines VW Golfs im Januar 2016, der angibt vor dem Kauf keine Kenntnis von der Betroffenheit des zu erwerbenden Fahrzeugs von der Software – Manipulation gehabt Zu haben, überhaupt auf diese Betroffenheit angekommen ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Käufer angesichts
der allgemein bekannten Berichterstattung in den Medien zum Dieselskandal keine näheren Erkundigungen zur Betroffenheit des zu erwerbenden Fahrzeugs einholt. Der Klägerin kam es für ihre Kaufentscheidung offensichtlich nicht darauf an.”

“Das Gericht hält es für sehr unwahrscheinlich…” und “Es ist nicht nachvollziehbar, dass…” sind Sätze aus dem Jahr 2020, die bestenfalls beweisen, dass das Gericht sich mitnichten in die Realität des Januar 2016 versetzen kann. Gerade einmal VIER MONATE nach Bekanntwerden, dass Volkswagen irgendetwas, dass sie mit maximaler Effizienz bis HEUTE zu verschleiern trachten, mit einigen Dieselfahrzeugen gemacht hat, soll ein beliebiger Bürger Informationen berücksichtigen, die bis Heute nicht in geeignetem Umfang zur Verfügung stehen, FÜNF JAHRE später.

Ganz im Gegenteil zur realitätsfernen Einschätzung des Chemnitzer Gerichtes wußte man Anfang 2016 gar nichts, speziell nichts vom Umfang der Manipulationen, der Konsequenzen in Form von zahllosen Rückrufen bis hin zu Zwangsstilllegungen oder den mit jeder Ausweitung des Skandals erfolgenden Wertminderungen.

Es grenzt an Unverschämtheit, der Käuferin eine Kaufentscheidung vorzuhalten, zu der sie die Informationen absolut nicht haben konnte, in erster Linie aber, selbst wenn sie zur Verfügung gestanden hätten, NICHT hätte haben müssen.

Vergleichen wir aus aktuellem Anlass den Zeitraum zwischen den ersten “Corona”-Fällen in Wuhan und einer geeigneten Reaktion der Bundesregierung, der neben allen Informationsmöglichkeiten auch in der Stellenbeschreibung aktives Handeln, Sichinformieren und Regieren aufgetragen ist.

Die Zeiträume sind praktisch identisch, und es für den Verfasser der Zeilen “nicht nachvollziehbar”, was das Gericht meint, wenn es sagt, dass es der Käuferin nicht darauf ankam, was sie weder wissen konnte, noch musste. Die Käuferin erwarb unwissend ein vorsätzlich und sittenwidrig manipuliertes Fahrzeug, für das ihr Schadenersatz zusteht.

Ein wie auch immer verklausulierter Vorwurf, ein fehlendes Maschinenbaustudium und der fehlende Wille zur Infiltration der Volkswagen-Konzernzentrale sei dem Geschädigten anzulasten, wird scharf zurückgewiesen.

Rechtsanwalt Torsten Schutte von der Kanzlei schutte.legal wird gegen dieses der Realität Hohn sprechende Urteil Berufung einlegen.

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