Erneut wird eine Musterfeststellungsklage im Dieselskandal eingereicht. Diesmal trifft es Daimler, obwohl der Automobilhersteller nicht aufgibt zu behaupten, seine Vorrichtungen in der Abgasreinigung seien legal. Das Kraftfahrbundesamt hat beim Motortyp OM651 gleich ein ganzes Büdel von potentiell illegalen Abschalteinrichtungen festgestellt. Nicht wie Volkswagen, die mit einer direkten, völlig unverblümten Prüfzykluserkennung gearbeitet haben, versucht Daimler mit einem ganzen Strauß von Methoden die Klippen des zu hohen AdBlu-Verbrauchs zu umschiffen.
Wie schon 2018 vor dem Oberlandesgericht Braunschweig wird auch diese Musterfeststellungsklage von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) betrieben. In der sehr undurchsichtigen und je nach Gericht sehr wechselhaften Rechtssprechung in Verfahren gegen Daimler wegen Abgasmanipulation wird dann mit Abschluß der Verhandlungen einer klareres Bild herrschen. Mit einer baldigen Entscheidung ist allerdings nicht zu rechnen, kam es doch in der MFK gegen Volkswagen erst 2020 zu einem Vergleich.
Was erst wie eine längere Geduldsprobe wirkt, erweist sich hinsichtlich der Verjährung als klarer Vorteil. Die Rückrufe von 2018 für Fahrzeuge mit dem Motortyp OM651 führen dazu, dass mit Ablauf des Jahres 2021 die Verjährung für Klagen eintritt. Die Registrierung in der Musterfeststellungsklage hemmt diese Verjährung, und führt nach Beendigung des Verfahrens zu weiteren 6 Monaten Frist für Einreichung von Klagen. Das allein dürfte Daimler schon größtes Unbehagen bereiten.
Eine Musterfeststellungsklage dient in erster Linie der grundsätzlichen Feststellung von Sachverhalten. Nach Abschluß der MFK gegen Volkswagen mit einem Vergleichsangebot für alle Registrierten war es freigestellt, den Vergleich anzunehmen oder mit einer eigenen individuellen Klage und der Kernaussage der MFK im Rücken vor Gericht zu ziehen. Diesem Weg ist klar der Vorzug zu gewähren, da der Vergleich nur zu Zahlungen zwischen etwa 1400 Euro bis zu bestenfalls 6300 für größere, fast neue Fahrzeuge reichte. Individuelle Klagen erreichen im Falle des Obsiegens in der Regel ein mehrfaches in der Entschädigungssumme. Aber allein die bloße Existenz einer MFK wird die Chancen eoiner individuellen Klage erheblich verbessern.
Rechtsanwalt Schutte von schutte.legal ist der festen Überzeugung, dass die individuelle Klage der erfolgversprechendere Weg ist, durch die Musterfeststellungsklage die Gesamtchancen für Gerechtigkeit und Entschädigung für Betroffene im Dieselskandal aber erheblich steigt. Mit der Anzahl obergerichtlicher Entscheidungen wird auch der Druck auf den Bundesgerichtshof größer, höchstrichterlich zu entscheiden. Die letzte höchstrichterliche Entscheidung im Abgasskandal war, dass Volkswagen vorsätzlich, sittenwidriges Verhalten attestiert wurde. Es gibt keinen vernünftigen Grund Ähnliches nicht auch im Zusammenhang mit Daimler zu erwarten.
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