Nicht mit diesen Worten, und deshalb auch keine Markierung als wörtliche Rede, aber mit einem ungeheuren Wortschwall, ungeahnten Ausflüchten und dem indirekten Eingeständnis gröbster Pflichtverletzung läßt sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Audi AG am 19. Verhandlungstag zu den Vorwürfen des Gerichtes ein.
Mit den Worten “Ich leugne meine Beteiligung nicht!” leitete der verantwortliche Chemiker der Entwicklungsabteiligung Abgasreinigung, Henning L., seine Ausführungen vor Gericht Anfang November 2020 ein. Seine Beschreibungen insbesondere vom Beginn der Manipulationen bei Audi lassen aufhorchen.
An diesem 19. von geplant 181 Verhandlungstagen kommt Rupert Stadler erstmal vor dem Landgericht in München zu Wort. Der Vorwurf des Betruges durch Unterlassen steht im Raum, doch dem Vorbild seines mitangeklagten Kollegen folgt er nicht.
Stattdessen erwartet den gespannten Zuhörer ein langes Lamento über Zeitnot und Stress. Tatsächlich bestätigt das die vorgefasste Meinung des Verfassers, dass eine ausgeprägte Work-Life-Balance und das Gehalt eines Vorstandsvorsitzenden nicht in Einklang zu bringen sind. Möglicherweise hätte der Herr Stadler schon auf dem Weg ins höchste Amt bei Audi etwas in der Richtung ahnen können.
Die unerwartete, hohe Arbeitsbelastung als Chef des Unternehmens mißbraucht Herr Stadler darüberhinaus, um sich sowohl vom Gericht als auch durch die Aussagen der Mitangeklagten “ungerecht behandelt” zu fühlen. Die Tatsache, dass er nicht einmal nach Bekanntwerden des Abgasskandal, zwar vorzugsweise zuerst bei Volkswagen, aktiv tätig wurde um weiteren Schaden abzuwenden, fällt dabei unter den Tisch.
Fast weitere 3 Jahre wurde bei Audi munter an der Abgasreinigung herumgebastelt, während der Bundesgerichtshof vom unbescholtenen Bürger kategorisch erwartet, mit der Ad-hoc-Mitteilung vom September 2015 vollumfänglich informiert gewesen zu sein.
Überdies verweist er auf die ungeheuren technischen Dimensionen der Vorgänge um die Abgasmanipulationen. Tatsächlich hat aber niemand von ihm erwartet, dass er technisch auf der Höhe des Geschehens sein mußte, auch nicht als Chef. Niemand muß den Bethe-Weizsäcker-Zyklus erklären können um zu wissen, dass tagsüber die Sonne scheint.
Erwartet werden durfte aber, das er über die bloße Existenz betrügerischer Machenschaften in seinem Unternehmen informiert war, und darauf basierend für den deren umgehende Korrektur sorgte. Er sagt es nicht: “Ich leugne meine Beteiligung!”, aber er meint es so. Unsere Erwartung ist, dass ihn die Härte des Gesetztes trifft, und es nicht mit einer großzügigen Spende aus dem Budget der Audi AG getan ist.
Rechtsanwalt Torsten Schutte von der Kanzlei schutte.legal kämpft seit Beginn der Dieselkrise für die Rechte von betrogenen Diesefahrern.
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